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Viele Frauen wissen immer noch zu wenig über die Beziehung ­zwischen Menstruationszyklus und Sport. Dabei ist es sowohl für deine Leistungsfähigkeit als auch für dein Befinden von Vorteil, wenn du Training und ­Ernährung geschickt an deinen Zyklus anpasst.

Von Lena Krey und Kate Carter

Vor ein paar Jahren erregte die britische Läuferin Jessica Judd Aufsehen, als sie erklärte, ihre Zeit über 3.000 Meter variiere um bis zu 15 Sekunden – je nach Zyklusphase. Im Rennen kann das den Unterschied zwischen erstem und frustrierendem letzten Platz ausmachen! Das sorgte für Schlagzeilen, was angesichts der Tatsache, dass das Thema sonst eher totgeschwiegen wird, wenig verwunderlich ist.

>>Hier geht es zu unseren Trainingsplänen nach Zyklus mit dreimal Training pro Woche

Beeinflusst der Zyklus die Leistung?

Doch nicht nur bei Topathletinnen beeinflusst der Zyklus die Leistung. Der Langstreckentrainer Tom Craggs berichtet von einer Läuferin, die Eisenpräparate nahm, nachdem bei ihr eine Blutarmut diagnostiziert worden war (die oft durch starke Regelblutungen ausgelöst wird). Nach nur drei Wochen steigerte sie ihre Bestzeit im Halbmarathon um 15 Minuten.

Man weiß, dass die Hormonschwankungen während des Zyklus Magenprobleme, Krämpfe, Schlaflosigkeit, eine erhöhte Herzfrequenz und Kurzatmigkeit hervorrufen können. Es gibt sogar Belege dafür, dass die Anfälligkeit für einige Arten von Verletzungen – etwa Kreuzbandrisse – in bestimmten Phasen des Zyklus ansteigt. Dazu kommt die Psyche: Auch das Selbstbewusstsein kann beeinträchtigt werden.

2021 führte der SWR eine Umfrage unter 719 Leistungssportlerinnen zum Thema Periode durch. Die Hälfte aller Sportlerinnen gab an, dass die Menstruation ihre Leistung beeinträchtige. 40 Prozent waren der Meinung, dass der Zyklus und die Periode stärker bei der Planung von Training und Wettkämpfen berücksichtigt werden sollte.

>>Hier geht es zu unseren Trainingsplänen nach Zyklus mit viermal Training pro Woche

Grundlagenwissen zum Zyklus

Bei den meisten Mädchen setzt die Periode erstmals mit etwa zwölf Jahren ein und wiederholt sich dann bis zur Menopause mit etwa 50 bis 55 Jahren. Als völlig normal gelten Zyklen von 21 bis 35 Tagen und eine Blutungsdauer von zwei bis zehn Tagen. Für alle, die sich nicht mehr an den Biounterricht erinnern: Der Menstruationszyklus ist definiert als die Zeit vom ersten Tag der weiblichen Periode bis zum Tag vor Beginn der nächsten. Er wird durch Hormone gesteuert. In den nächsten Absätzen findest du Empfehlungen für Training und Ernährung in den zwei Zyklushälften, also Follikel- und Lutealphase.

Während der ersten Zyklushälfte steigt der Östrogenspiegel. In einem der zwei Eierstöcke reift ein Ei heran, das beim Eisprung in den Eileiter befördert wird. In der zweiten Hälfte bereitet das Hormon Progesteron die Gebärmutter auf die Einnistung eines Embryos vor. Wird das Ei nicht befruchtet, wird es vom Körper absorbiert. Östrogen- und Progesteronspiegel sinken, die Gebärmutterschleimhaut löst sich ab und wird ausgeschieden. Dieser völlig normale physiologische Vorgang kann enorme Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit haben. Deswegen macht es Sinn, seinen Sport nach dem Zyklus zu richten.

Wann bin ich während des Zyklus am leistungsfähigsten?

Sportlerinnen sind in der ersten Zyklushälfte und vor allem vor dem Eisprung am leistungsfähigsten. In dieser Zeit nach der Periode ist der Östrogenspiegel sehr hoch und das Progesteron-Niveau im Gegensatz dazu sehr niedrig. Das ist ideal für die Kohlenhydratbereitstellung und den Muskelaufbau. Außerdem können Frauen in dieser Phase sehr gut regenerieren, sind motiviert und können Nahrung gut verdauen. Insgesamt befindet sich der Stoffwechsel in einer „anabolen“, also aufbauenden Situation. Auch Läuferinnen sollten sich das zu Nutzen machen und ihre Krafteinheiten in dieser Zeit absolvieren. Ebenso solltest du dein Training auch nach der ersten Hälfte an deinen Zyklus anpassen, denn in dieser Phase sinkt die Leistungsfähigkeit des Körpers.

Wie richte ich mein Training optimal nach meinem Zyklus aus?

Der weibliche Zyklus lässt sich in die erste Zyklushälfte (Follikelphase) und in die zweite Zyklushälfte (Lutealphase) einteilen. Für eine bessere Veranschaulichung kann man den Zyklus mit dem sogenannten Jahreszeiten-Modell vergleichen:

Winter (Follikelphase)

Der Zyklus startet mit dem Winter, der Periode. In dieser Phase ist der Körper nicht sehr leistungsfähig und man sollte etwas Rücksicht nehmen und eher locker und niedrig intensiv trainieren. Vor allem zu Beginn der Periode fühlen sich Frauen oft niedergeschlagen und schlapp. Auch Menstruationsschmerzen können auftreten. Lockeres Ausdauertraining wäre jetzt angebracht, auch Alternativsportarten wie Schwimmen oder Radfahren eignen sich. Beweglichkeitstraining und Dehnübungen tun dem Körper in dieser Trainingsphase sehr gut. Auch Yoga- oder Pilates-Übungen können Unterleibschmerzen und Rückenschmerzen verringern, die durch die Periode ausgelöst werden.

>>Zum Stretching

>>Yoga für Läuferinnen

Frühling (Follikelphase)

Mit dem Frühling wird alles besser: Die Menstruationsbeschwerden sind weg und Frauen sind kreativer, motivierter und können besser mit anstrengenden Trainingseinheiten umgehen. Sie können jetzt sehr gut regenerieren, besser Muskeln aufbauen und die Kraftleistung erhöhen. Diese Phase ist ideal für Ausdauereinheiten sowie Intervall- und Krafttraining. Die Basaltemperatur ist zu Beginn der ersten Zyklushälfte niedriger, was dazu führt, dass Frauen auch besser mit Läufen in der Hitze umgehen können.

Sommer (Ovulation)

Als nächste Phase kommt der Sommer, also der Eisprung. Frauen haben jetzt die beste Leistungsfähigkeit überhaupt. Die Energie und Laune ist am Hochpunkt angelangt und auch die Hormone Östrogen und Testosteron sind so hoch wie nie. Wenn der Eisprung einsetzt, dann steigt die Körpertemperatur und damit auch die Pulsfrequenz. Zum Verständnis: Während der Periode sind der Blutdruck und der Puls am niedrigsten und steigen stetig, wenn es in Richtung Eisprung geht.

Krafttraining ist in dieser Ovulationsphase besonders effektiv. Der Grund sind die Östrogene, die während dieser Phase ansteigen. Sie haben einen anabolen Effekt, wirken also aufbauend.

>> Hier findest du Kraftübungen für Läufer:innen

Herbst (Lutealphase)

Jetzt kommt der stürmische Herbst. Das Training wird in dieser Phase als viel anstrengender wahrgenommen. Frauen haben mit Launen und Stimmungsschwankungen zu tun, die daher kommen, dass sich hormonell alles verändert. Das Progesteron steigt nochmal kurz an und dann fallen die beiden Hormone Östrogen und Progesteron in einem sehr kurzen Zeitraum sehr stark ab. Diese Veränderungen benötigen viel Ruhe und Konstanz von außen.

Läuferinnen sollten deshalb versuchen, nicht noch zusätzlich mit hartem Intervalltraining und/oder Diäten auf diese Schwankungen einzuwirken. Denn je mehr diese inneren Schwankungen von außen noch verstärkt werden, desto mehr Regelschmerzen können auftreten und das kann anschließend im Training ausbremsen. Sportlerinnen sollten jetzt niedriger intensiv trainieren und ihren Fokus auf die Grundlagenausdauer legen, also lange und ruhige Läufe durchführen. In der zweiten Zyklushälfte ist Krafttraining weniger effektiv. Der Botenstoff Progesteron steigt nach dem rasanten Abfall wieder an und ist dafür verantwortlich, dass der Stoffwechsel katabol, also muskelabbauend wird.

Inzwischen zeigen auch einige Studien, dass durch den Progesteron-Anstieg in der Lutealphase die Verletzungsanfälligkeit steigt. Durch das Hormon wird das Gewebe weicher und es kann schneller zu Kreuzbandrissen oder anderen Verletzungen kommen. Wärme dich vor dem Lauftraining in dieser Phase also besonders gut auf. Ein intensives Lauf-ABC ist dafür ideal.

>> Zum Lauf-ABC

Ein Hilfsmittel zur Abstimmung des Trainings auf den Zyklus ist die App FitrWoman, an deren Entwicklung Bruinvels beteiligt war. Das Tool erklärt, wann und warum zyklusbedingte Symptome auftreten können, wie sie sich abmildern lassen und welches Training wann optimal ist.

Wie richte ich meine Ernährung nach meinem Zyklus aus?

Was du wann essen solltest: So passt du die Nährstoffaufnahme an deinem Zyklus an.

Follikelphase (Menstruation)

Dein Hormonspiegel ist auf seinem niedrigsten Stand, was eine niedrigschwellige Entzündungsreaktion auslöst. Auch die Zahl deiner weißen Blutkörperchen ist niedrig. Beides erhöht das Krankheitsrisiko. Esse jetzt besonders eisenhaltige Speisen (grünes Gemüse und Bohnen) sowie entzündungshemmende Lebensmittel wie Gemüse, Nüsse und Saaten. Chia-Samen, fettreicher Fisch und Walnüsse sind reich an Omega-3-Fettsäuren und können ebenfalls Symptome lindern. Vor längeren Läufen solltest du darauf achten, dass du genug Kohlenhydrate tankst.

Follikelphase

Dein Östrogenspiegel steigt, dein Progesteronspiegel ist sehr niedrig. Du spürst vermutlich, dass du wieder mehr Energie bekommst. Die Folge: Du kannst jetzt härter trainieren. Unterstütze das durch richtige Ernährung: Kiwis, Beeren, Mandeln und Avocados enthalten Kollagen, das gut für dein Bindegewebe ist. Wichtig für die Erholung von Muskeln, Sehnen und Bändern ist jetzt auch Vitamin C. Esse nach intensivem Training betont eiweißreich, also zum Beispiel Eier, Hüttenkäse, Erdnussbutter oder mageres Fleisch.

Ovulation (Eisprung)

Der Hormonspiegel steigt in dieser Phase an. Optimal ist jetzt vor allem eine ballaststoffreiche Ernährung mit vielen Antioxidantien, roten Beeren, Paprika oder Äpfeln. Empfohlen wird auch buntes Obst bzw. Gemüse mit viel Kalzium wie Brokkoli, Grünkohl, Rucola und Fenchel, aber auch Mohn und Sesam. Ab dem Eisprung sollte auch besser auf rotes Fleisch (z.B. Rind- und Schweinefleisch) oder Milchprodukte verzichtet und stattdessen auf die entzündungshemmende Ernährung gesetzt werden. Damit kannst du vorsorgen, um Bauchkrämpfe in der bevorstehenden Menstruation zu verhindern. Neben den schon erwähnten gesunden Fetten wie Omega-3-Fettsäuren zählt dazu auch alles, was im Meer schwimmt, also Muscheln, Seefisch und viele andere. Der Blutzuckerspiegel kann schon jetzt instabil sein. Protein bei jeder Mahlzeit hilft gegen Unterzuckerung.

Lutealphase

Der Hormonspiegel sinkt stark ab. Die dadurch verursachte Entzündungsreaktion verursacht PMS (Prämenstruelles Syndrom). Gegen Ende dieser Phase stellt der Körper von der Verbrennung von Fetten auf Kohlenhydrate um; steigere dann den Anteil an Kohlenhydraten. Eiweiß und komplexe Kohlenhydrate (Vollkorn) verhindern Heißhungerattacken. Ganz wichtig zu wissen: Der weibliche Körper benötigt in der zweiten Zyklushälfte, also der Lutealphase, ungefähr 200 Kalorien mehr pro Tag. Nach einem Lauf solltest du also immer darauf achten, genügend Kohlenhydrate und Proteine zu dir zu nehmen. Genauso wichtig ist die Versorgung während des Trainings. Trinke ein Getränk mit Kohlenhydraten oder habe immer einen Riegel dabei, um Heißhunger und Blutzuckerspitzen zu verhindern. Falls du in dieser Zeit auch schlecht schläfst, probiere melatoninreiche Lebensmittel wie Bananen und Haferflocken.

Kann ich während meiner Periode trotzdem Sport machen?

Die meisten Frauen sind sich der Krämpfe, die die Menstruation mit sich bringen kann, allzu bewusst. Spitzensportlerinnen sind da keine Ausnahme. Die britische Weltklasse-Marathonläuferin Aly Dixon sagt, ihre Krämpfe seien so stark, dass sie sich oft in Fötusstellung zusammenkrümme. „Ich hatte in den letzten Jahren das große Glück, dass meine Wettkämpfe auf die richtigen Tage des Zyklus fielen“, sagt sie. „Ich habe festgestellt, dass ich am dritten Tag recht gut laufen kann. Aber die vier Tage davor sind nicht so toll. An den beiden Tagen vor der Periode kriege ich Rückenschmerzen und schwere Oberschenkel, was Läufe in vollem Tempo noch anstrengender macht.“

Doch natürlich kannst du auch während der Periode trainieren, wenn du dich danach fühlst, und auch gute Leistungen erbringen. Paula Radcliffe lieferte den Beweis, als sie 2002 in Chicago einen Weltrekord im Marathon aufstellte, obwohl sie im späteren Verlauf des Rennens unter zyklusbedingten Krämpfen litt.

Die zentrale Botschaft an alle laufenden Frauen lautet: Trotz aller möglichen Probleme muss man das Training nicht aussetzen. Allein schon informiert zu sein hilft: So kannst du belastungsarme Tage deinem Zyklus entsprechend einplanen. „Viele Frauen haben mir erzählt, dass allein schon ein besseres Verständnis dazu geführt hat, sich besser zu fühlen“, so Bruinvels. Ihr Rat ist: „Wenn du dich mit deinem Zyklus vertraut machst, besteht kein Grund, warum du nicht an jedem beliebigen Tag eine Topleistung bringen können solltest.“ Allerdings solltest du dich dadurch auch nicht gezwungen sehen, ein Training durchzuführen. Am Ende solltest du auf deinen Körper hören – das Wissen zum Zyklus hilft dir dabei, ihn besser zu verstehen.

Hilft Bewegung gegen Menstruationsbeschwerden?

Auch wenn sich das Joggen oder anderes Training während der Periode anstrengender anfühlen kann, ist Bewegung dennoch förderlich gegen Menstruationsbeschwerden. Leichte Krämpfe lassen sich durch Sport tatsächlich abmildern. Probiere aus, welche Bewegung und welche Trainingsintensität dir guttut und Unterleibschmerzen und Krämpfe vermindern kann. Es muss ja kein Lauftraining sein, vielleicht ist ein Spaziergang für dich besser. Passe dein Training dahingehend an und ziehe kein Trainingsprogramm durch, das dir widerstrebt. Wichtig: Wenn die Schmerzen sehr stark sind, dann ist das nicht normal und sollte in jedem Fall medizinisch untersucht werden.

Hormonschwankungen: Muster erkennen

Wer auf seine natürlichen Hormonschwankungen achtet, erkennt rasch Muster. „Alle 28 bis 29 Tage setzt meine Periode ein und mit einem Schlag wird die Welt zu einem besseren Ort“, sagt Läuferin Gemma Hockett. „Etwa sieben Tage vorher werde ich übellaunig, mein Appetit steigt, ich wälze mich nachts unruhig im Bett, weil mir viel zu warm ist. Zwei Tage vorher fühle ich mich aufgebläht, kämpfe mit Kopfschmerzen und kann gar nicht mehr aufhören zu essen.“

Solche Symptome, bekannt als Prämenstruelles Syndrom (PMS), haben beträchtliche Auswirkungen aufs Training: „Besonders schlapp fühle ich mich zwei Tage vor bis zwei Tage nach dem Einsetzen der Periode“, so Hockett. „Marathontempo zu laufen fühlt sich dann sehr viel schwerer an. Die Atmung ist angestrengter und Tempotraining fällt mir schwer. Aber am dritten und vierten Tag geht es plötzlich wieder. Am besten läuft es bei mir in Phase eins meines Zyklus (direkt nach der Periode). In der Follikelphase kann ich gut einen Marathon laufen. Am Anfang der Lutealphase würde ich es noch in Betracht ziehen, aber danach ist überhaupt nicht daran zu denken. Bevor ich mich für einen Wettkampf anmelde, überprüfe ich, in welcher Phase ich mich am Tag X befinde.“

Hocketts Beobachtungen stimmen genau mit dem überein, was wir über den Zyklus und die körperliche Leistungsfähigkeit wissen: Das Absinken des Hormonspiegels in der prämenstruellen Phase kann eine Entzündungsreaktion hervorrufen, die Stimmung, Schlaf und Energieniveau und Regenerationsfähigkeit beeinträchtigen kann. Bei Einsetzen der Periode steigt der Hormonspiegel und die Kräfte kehren zurück.

Leidest du an PMS oder anderen zyklusbasierten Beschwerden, ermittelst du als Erstes, was du tun kannst, um deinen Zyklus auf natürliche Weise zu steuern und die Symptome zu mildern. Helfen kann neben der Anpassung des Trainings und einer bewussten Ernährung auch die Entwicklung einer Schlafstrategie.

Kann sich der Zyklus durch Sport verschieben oder sogar ausbleiben?

Ein weiteres Problem hat in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit gefunden: Bei Ausdauersportlerinnen bleibt die Periode manchmal monate- oder jahrelang aus, mit schlimmen Auswirkungen für die Gesundheit, man spricht von Amenorrhoe. Die Sportmedizinerin Petra Platen von der Ruhr-Universität Bochum erklärt in einem Interview mit RUNNER’S WORLD, dass das Ausbleiben der Blutung ein Warnsignal darstelle und zeige, dass etwas im Energiehaushalt absolut nicht stimme. „Das Essverhalten sollte dann auf jeden Fall an die Trainingsbelastung angepasst werden. Wenn nach drei bis vier Monaten die Periode immer noch nicht eintritt, dann muss man eine gynäkologische Untersuchung durchführen lassen.“ Eine länger anhaltende Amenorrhoe kann schwere Folgen mit sich bringen, die teils auch irreversibel sein können. Zu diesen Folgen zählen unter anderem Osteoporose und ausbleibender Kinderwunsch.

Das andere Extrem ist weniger bekannt, obwohl es rund ein Viertel aller Frauen betrifft: starke Regelblutungen (Hypermenorrhoe), die zu Blutarmut (Anämie) und Eisenmangel führen können.

Die Marathonläuferin (Bestzeit 2:37 h) und Wissenschaftlerin Georgie Bruinvels befragte beim London-Marathon über 1.000 Läuferinnen. 36 Prozent von ihnen litten nach eigenem Bekunden an starken Regelblutungen, ein Drittel hatte in der Vergangenheit mit Blutarmut zu tun gehabt. Zwar nahm die Hälfte von ihnen Eisenmittel, doch nur 22 Prozent hatten einen Arzt oder eine Ärztin konsultiert. Symptome, die auf Blutarmut hindeuten können, sind schnelles Ermüden, Energielosigkeit, Herzrasen und Kurzatmigkeit beim Sport. All dies kann aber auch leicht als mangelnde Fitness interpretiert werden. Doch eine Anpassung des Eisenspiegels an das Normalniveau kann eine enorme Steigerung der Leistungsfähigkeit bewirken.

Wie aber soll man wissen, ob die eigene Regelblutung nun „stark“ ist, ob man also unter Hypermenorrhoe leidet? Als kritisch gilt ein Blutverlust ab 80 Millilitern pro Zyklus. Doch die Menge lässt sich kaum messen, zumal die Menstruation nicht nur aus Blut besteht. Bruinvels entwickelte daher im Rahmen ihrer Doktorarbeit vier konkrete Kriterien für Hypermenorrhoe:

  • Durchbluten von Bettzeug oder Kleidung
  • Ausscheidung großer Blutgerinnsel
  • Notwendigkeit doppelten Menstruationsschutzes
  • Notwendigkeit, Hygieneprodukte häufiger zu wechseln.

„Da nicht darüber gesprochen wird, wissen viele Frauen nicht, ob ihre Blutung normal ist oder nicht“, sagt Bruinvels. Sie nehmen die Situation einfach als gegeben hin. Dabei sollte man bei Verdacht auf eine Blutarmut unbedingt zum Arzt.

Sollte man die Blutung verschieben?

Starke Blutungen und Blutarmut können die sportlichen Leistungen zwar erheblich beeinträchtigen. Jedoch zeigen neuste Untersuchungen auch, dass Frauen, die einen natürlichen Zyklus haben, leistungsfähiger sind als diejenigen, die aufgrund der Pille oder Sonstigem nicht menstruieren. Die Sportwissenschaftlerin Saba Shakalio beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit der Auswirkung von Menstruationszyklus auf die Leistungsfähigkeit. Sie sagt, dass Frauen, die die Pille nehmen oder gar nicht menstruieren, weniger anabole Hormone haben. Die aufbauenden Hormone wirken leistungssteigernd, und Sportlerinnen ohne Zyklus haben dadurch einen Nachteil.

Aber kann ein normaler Zyklus die Leistungsfähigkeit trotzdem mindern? „Ja“, sagt Bruinvels, „wenn sie ihn nicht richtig verstehen und sich nicht darauf einstellen. Viele Läuferinnen bereiten sich überhaupt nicht auf ihren Zyklus vor“, so die Expertin. Mit einem zyklusangepassten Trainingsplan kannst du deine Leistung und dein Wohlbefinden steigern.

Vielleicht hast du schon mal von dem Menstruationshemmer Norethistamin gehört. Diese synthetische Form des Hormons Progesteron verhindert, dass die Gebärmutter ihre Schleimhaut abstößt. Das ist eine Methode, die Blutung zu verschieben. Allerdings hat die Hormonbehandlung Nebenwirkungen, die ebenfalls die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen können.

Für Jess Judd waren diese im Jahr 2013 der Anlass, sich öffentlich über ihre Periode zu äußern: Als britische Medaillenhoffnung über die 800 Meter bei den Weltmeisterschaften in Moskau machte sie sich Sorgen über den Zeitpunkt ihres großen Rennens – und nahm Norethistamin. „Ich glaube, das hat meinen Hormonspiegel noch mehr durcheinandergebracht als die Regel“, sagte sie anschließend. „Aber ich hatte keine Wahl. Ich dachte: Alles ist besser, als genau dann die Periode zu kriegen. Aber auch so lief es schlecht: Ich hatte schwere Beine und war an dem Tag emotional sehr aufgewühlt, besonders nach dem Rennen. Ich war nicht ich selbst.“

Auch Paula Radcliffe bekannte, sie habe das Medikament mal genommen, aber anschließend das Gefühl gehabt, es habe alles „hundertmal schlimmer“ gemacht. Und auch Bruinvels ist kein Fan davon: „Effektiv verlängert man damit den prämenstruellen Zustand. Aber das ist meist der Zeitraum, in dem es einem richtig mies geht“, sagt sie. „Wenn schon“, fügt sie hinzu, „sollte man es möglichst ein paar Monate im Voraus nehmen.“ Das setzt natürlich einen regelmäßigen Zyklus voraus, hat aber den Vorteil, dass die potenziellen Nebenwirkungen früher auftreten, wenn sie noch nicht so ins Gewicht fallen, sich aber der Zyklus verschiebt, sodass man am Renntag seine Ruhe hat.

Welchen Einfluss hat die Pille auf Laufleistung und Psyche?

Im Gegensatz zu Norethistamin, das nur einmalig in besonderen Situationen eingenommen wird, wird die Pille täglich von Millionen Frauen geschluckt. Trotz der genannten Tatsache, dass Sportlerinnen mit Zyklus leistungsfähiger sind, verhüten immer noch viele Frauen mit der Pille. Dabei stellt sich die Frage, welchen Einfluss die Pille auf die Laufleistung hat. Leider gibt es dazu immer noch zu wenig wissenschaftliche Untersuchungen. Einige Studien, darunter eine, die im „British Journal of Sports Medicine“ veröffentlicht wurde, berichten von einem leichten Rückgang der maximalen Sauerstoffaufnahme unter Einnahme der Pille, während eine andere, in derselben Zeitschrift veröffentlichte Studie keinen Leistungsunterschied feststellen konnte.

Viele Frauen verzichten heute aufgrund allgemeinerer Bedenken auf die Pille, etwa wegen ihres Einflusses auf die Psyche. Sogenannte langfristig wirkende reversible Verhütungsmethoden wie die Kupferspirale gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Unter dem Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit spricht sich auch Bruinvels für diese Methode aus, schließlich legen ihre Untersuchungen nahe, dass die Einnahme bestimmter Arten der Pille niederschwellige Entzündungsprozesse begünstigt und den oxidativen Stress erhöht. „Zudem gibt es Hinweise darauf, dass die Pille Trainingsanpassungen hemmt“, sagt sie. „Allein unter dem Leistungsaspekt ist sie daher möglicherweise nicht die beste Wahl.“ Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Sportlerinnen, die die Pille einnehmen, keinen natürlichen Zyklus haben und somit auch nicht von den Effekten eines zyklusbasierten Trainings profitieren können.

Fazit: Nutze den Zyklus für kluges Training

Wenn man all diese Erkenntnisse berücksichtigt, wird klar, dass Frauen mit einem natürlichen Zyklus ihr Training und ihre Ernährung unbedingt nach dem Zyklus ausrichten sollten. Denn dies führt zu verbesserten Leistungsfortschritten und geringeren Menstruationsbeschwerden.

In der ersten Hälfte des Zyklus reagiert dein Körper gut auf intensive Läufe und Krafttraining und du kannst dabei gute Leistungsfortschritte verbuchen.

In der zweiten Zyklushälfte solltest du moderater trainieren und eher langsame und ruhige Läufe einplanen. Achte zudem auf ein gutes Warm-up, da die Verletzungsanfälligkeit jetzt höher ist.

Speziell in der Phase vor dem Einsetzen der Periode ist die Ernährung wichtig. Meide jetzt entzündungsfördernde Lebensmittel wie Fleisch, Wurst und Milchprodukte, da sie Beschwerden nachweislich verschärfen. Setze auf entzündungshemmende Lebensmittel, Antioxidantien und Ballaststoffe.