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Regeneration – der Schlüssel zum Erfolg 

Regeneration gehört in jeden Trainingsplan, denn mit dem richtigen Maß an Erholung zeigt die Leistungskurve steil nach oben. Das Training fällt leichter und du beugst Verletzungen vor. 

Von Irina Strohecker und Isaac Williams  

Man könnte meinen, Regeneration wäre für Läufer und Läuferinnen die leichteste Übung – nach dem Motto: einfach mal nichts tun! Seltsamerweise tun sich viele schwer damit. Tief in unserem Unterbewusstsein verankerte Lebensweisheiten wie „Ohne Fleiß kein Preis“ oder „Mehr bringt mehr“ verhindern allzu oft, dass wir zwischen unseren Trainingseinheiten oder nach dem Wettkampf ausreichend zur Ruhe kommen. Eine falsche Ernährung und ein stressiger Alltag tun ein Übriges. Hier erfährst du, wie du am besten regenerierst und welche Möglichkeiten es gibt. 

 

Was ist Regeneration? 

Taucht man etwas tiefer in das Thema ein, „dann bedeutet Regeneration das Wiederauffüllen der Muskeln mit Energie freisetzenden Enzymen, funktionalen Proteinen, gespeicherten Fetten und Kohlenhydraten sowie die Regenerierung des Hormon- und Immunsystems“, sagt Trent Stellingwerff, Leiter der Abteilung für Forschung und Physiologie am Canadian Sport Institute. Damit dürfte klar sein, dass sich Regeneration nicht nur auf einer Ebene, wie etwa der muskulären, abspielt, sondern der Körper im Zuge der Regeneration an sämtlichen Stellschrauben dreht. „Regeneration bewirkt aber nicht nur Reparatur, Ruhe und Wiederauftanken, sondern versetzt den Körper zugleich in die Lage, sich an Belastungen anzupassen und ein höheres Fitnessniveau zu erreichen.“ 

Anders gesagt: Nach jeder Trainingseinheit brauchen wir eine Phase der Erholung, um auch beim nächsten Lauf Leistung bringen zu können. Ein schlagendes Argument für alle Trainingswütigen, die ihre Füße nicht stillhalten können, doch auf vernünftige Ruhephasen zu achten. 

 

„Regeneration ist die gezielte aktive Erholung des Sporttreibenden. In dieser Phase finden die Anpassung, auch Adaptation genannt, und der Muskelaufbau statt. Sie gehört deshalb unbedingt in jeden Trainingsplan“, sagt Dr. Wolfgang Friedrich, Experte im Bereich Ernährung und Regeneration. Er lehrte über 30 Jahre lang als Studienleiter des Württembergischen Landessportbundes (WLSB) an der Landessportschule Albstadt, in seiner Funktion bildete er tausende Trainer*innen und Sportlehrer*innen aus. Friedrich schrieb mehrere Lehrbücher im Fachbereich Sportwissenschaft über die Themen Ernährung und optimale Regeneration.
 

So wichtig sind Ruhetage 

 

Warum ist Regeneration im Sport wichtig? 

„Es gibt eine simple Gleichung“, sagt der britische Laufphysiotherapeut Tom Goom: „Leistungsfähigkeit = Fitness minus Erschöpfung.“ 

 

Ohne ausreichende Regeneration nimmt irgendwann die Erschöpfung überhand, Fitnesszuwächse gehen verloren und die Leistung stagniert oder geht sogar zurück. Regeneration ist eben nicht nur erforderlich, um die negativen Folgen der Erschöpfung zu vermeiden. Nein, Regeneration ist unverzichtbar, um positive Trainingsanpassungen, sprich eine Leistungssteigerung zu erzielen. 

Es ist wichtig zu verstehen, dass das Laufen – wie auch alle anderen Sportarten – den Körper angreift: Das Training schädigt die Muskeln und schwächt kurzzeitig das Immunsystem. Auf den ersten Blick spricht das nicht gerade für die Sinnhaftigkeit des Ganzen – wäre da nicht die Tatsache, dass der Körper auf diese Belastungen mit einer Vielzahl positiver Prozesse reagiert. Kommt er zur Ruhe, beginnt er, die Muskelfasern zu reparieren und zu kräftigen, sauerstoffreiches Blut in die beschädigten Bereiche zu leiten und durch Anpassung an die Belastung dafür zu sorgen, dass man anschließend fitter ist als zuvor. 

 

Einfach ausgedrückt: Unser Körper strebt danach, Belastungen besser bewältigen zu können, und entwickelt durch das Wechselspiel aus Belastung und Erholung Kraft und Ausdauer. Die Bedeutung der Regeneration dürfte damit hinlänglich geklärt sein. 

Wie kann ich meine Regeneration fördern? 

Was kann man konkret tun, um die genannten Prozesse in Gang zu bringen? Wie sieht also Regeneration für dich als Läuferin oder Läufer aus? Die Antwort ist vielseitig, denn Regeneration ist eine sehr individuelle Angelegenheit. Wir möchten dir hier verschiedene wichtige Maßnahmen vorstellen, deren Effekte wissenschaftlich belegt sind und weitere Methoden nennen, die du austesten kannst. Ob diese dann für dich Wirkung zeigen, wirst du selbst herausfinden. Denn was genau wie hilft, ist sogar im Spitzensport von Athlet zu Athlet und von Athletin zu Athletin höchst individuell, wie die vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft geförderte Langzeitstudie zum Regenerationsmanagement im Spitzensport, kurz „REGman“ (2012 bis 2021) bestätigt. Mehr dazu später. 

Langzeitstudie zum Regenerationsmanagement im Spitzensport 

 

Die Regenerationspyramide 

Hast du schon mal von der Regenerationspyramide gehört? Diese Pyramide stellt die drei wichtigsten Regenerationsmethoden in den Vordergrund. Und diese sind denkbar einfach: Schlaf als wichtigster Faktor und Spitze ganz oben, dann kommt die Basis: Ernährung und die mentale Erholung. Diese drei Säulen sind wissenschaftlich gut untersucht und ihre Wirkung ist mehrfach bewiesen worden, was man von anderen Regenerationstechniken nicht uneingeschränkt behaupten kann. 

Wie viel Schlaf brauchen Läuferinnen und Läufer, um optimal zu regenerieren? 

Eine 2018 in der Zeitschrift „Sports Medicine“ publizierte Studie legt zwischen sieben und neun Stunden Schlaf nahe. Für intensiv Trainierende, die ihr Potenzial voll ausschöpfen möchten, werden neun bis zehn Stunden empfohlen. Für Spitzensportler und -sportlerinnen gibt es im Trainingslager, wo oft in zwei Einheiten am Tag trainiert wird, meist einige Ruhezeiten, nicht nur abends und nachts, sondern auch tagsüber für den Powernap. Aber auch ambitionierte Breitensporttreibende sollten unbedingt auf eine gute Schlafhygiene achten. Bei Schlafproblemen können die folgenden Schlaf-Tipps helfen: 

  • Schlaf-Routine: Halte halbwegs feste Zeiten für das Zubettgehen und Aufstehen ein 
  • In den Abendstunden das Licht dimmen und den Blick auf helle Bildschirme, Fernsehen und Smartphone meiden 
  • Zimmertemperatur im Schlafzimmer sollte nicht zu warm sein 
  • Kein Kaffee oder Alkohol vor dem Zubettgehen 
  • Abends nicht zu viel essen und trinken 
  • Mittagsschlaf (Powernap) nicht länger als 30 Minuten 
  • Gehe ins Bett, wenn du müde bist 

 

Tipps gegen Schlafprobleme nach dem Laufen 

 

Der Einfluss der Ernährung auf die Regeneration 

Ob du dich nun nach dem Tempotraining ausläufst, dich eine Weile dehnst oder nicht, ist nach aktuellem Forschungsstand nicht so wesentlich wie Essen und Trinken. Denn die Ernährung beeinflusst ganz sicher die Erholungsfähigkeit deines Körpers entscheidend. Was solltest du dabei beachten? „Das hängt von Trainingsbelastung und -umfang ab“, sagt Sporternährungsberaterin Alexandra Cook. 

„Wenn du kürzlich mit dem Laufen angefangen hast und/oder nur ein paarmal pro Woche trainierst, genügt es, wenn du nach dem Training eine ausgewogene Mahlzeit mit Kohlenhydraten, Eiweiß und Gemüse zu dir nimmst, um dich wieder fit für den nächsten Lauf zu machen.“ Läuferinnen und Läufern mit intensivem Trainingsprogramm rät Cook zu einem ausgefeilteren Ansatz. 

 

Das RUNNER’W-WORLD-Ernährungscoaching 

 

Allen Läufern und Läuferinnen empfiehlt sie jedoch als goldene Regel: „Trinken (zur Rehydrierung), Glykogenspeicher auffüllen (Kohlenhydrate) und etwas essen, speziell Proteine für den Muskelaufbau – und zwar genau in dieser Reihenfolge: Trinken vor Essen; Kohlenhydrate vor Proteine. Zur Not, falls du gerade nichts anderes zur Hand hast, kann man auch mal auf einen Energy-Drink zurückgreifen. Allerdings am besten immer mit zusätzlich ausreichend Wasser zu sich nehmen. Es gilt aber: natürliche Nahrung zuerst (vor Substitution), vor allem im Freizeitsport! 

Damit dein Körper optimal funktioniert und um den Regenerationsprozess zu unterstützen, solltest du mindestens drei Viertel des Flüssigkeitsverlusts durch Schwitzen bereits während des Laufens ausgleichen. „Dazu musst du wissen, wie stark du schwitzt“, sagt Monique Ryan, Spezialistin für Sporternährung und Verfasserin des Buchs „Sports Nutrition for Endurance Athletes“. Das lässt sich mit der Wiegemethode ganz einfach ermitteln: Wiege dich vor und nach einem einstündigen Lauf; das Gewicht, das du danach verloren hast (in Gramm), entspricht deinem Flüssigkeitsverlust (in Millilitern) pro Stunde. Ryan betont zudem die Wichtigkeit der Flüssigkeitsaufnahme im Verlauf des Tages. 

Jetzt weißt du auch, warum das Saunieren nicht immer der idealen Regeneration dient, denn dabei verlierst du noch einmal über deinen Schweiß Flüssigkeit, die du wieder aufnehmen musst. Sauna als Regerationsmethode ist daher kritisch zu überdenken und hilft eher individuell, eben nur in einigen Fällen. Wenn du bislang darauf setzt und es bei dir funktioniert, solltest du aber unbedingt damit weitermachen. 

Glykogenspeicher mit den richtigen Kohlenhydraten auffüllen 

Zum Wiederauffüllen der Glykogenspeicher der Muskeln sind Kohlenhydrate unverzichtbar. Wie viele du brauchst und in welcher Form, hängt individuell vom Trainingsplan ab. Falls zwischen deinen Einheiten 24 Stunden oder mehr liegen, brauchst du nur darauf zu achten, dass du innerhalb einer Stunde nach Trainingsende eine ausgewogene, kohlenhydratreiche Mahlzeit zu dir nimmst. „Bei einem Abstand von unter acht Stunden zwischen den Trainingseinheiten musst du etwas sorgfältiger vorgehen“, so Cook. Sie rät, dem Körper nach dem Lauf drei oder vier Stunden lang jede Stunde ein Gramm Kohlenhydrate pro Kilo Körpergewicht zuzuführen, um eine optimale Glykogensynthese sicherzustellen: „So sorgst du dafür, dass deine Glykogenspeicher für die nächste Trainingseinheit bestmöglich wieder aufgefüllt sind.“ 

 

Alles Wissenswerte zu Glykogenspeichern 

 

Wie sollte dein Menü-Plan als Läufer oder Läuferin aussehen? Als Faustregel gilt für die Zusammensetzung der täglichen Energiezufuhr: 60 Prozent Kohlenhydrate, 25 Prozent Proteine und 15 Prozent Fette. Die richtigen Kohlenhydrate und eine ausgewogene Mischkost mit Proteinen und Vitaminen bilden die Basis. Dazu kommen wenig Fett, vorwiegend gesunde Fette, und vor allem ganz wenig Süßigkeiten. Als Leitfaden für verschiedene Lebensmittelgruppen in deiner Ernährung kann die Ernährungspyramide der DGE dienen oder die mediterrane Ernährungspyramide. 

 

Ernährungspyramide der DGE 

 

Muskulatur aufbauen mit Proteinen 

Für den Wiederaufbau der Muskulatur ist Eiweiß von zentraler Bedeutung. „Für die Regeneration unmittelbar nach dem Training und für die Leistungsfähigkeit bei einer zweiten Trainingseinheit am selben Tag sind Proteine zwar nicht so wichtig“, so Cook, „aber sie spielen eine große Rolle sowohl für die langfristige Erholung als auch für die körperliche Anpassung an die Belastung. Proteine sind der wichtigste Faktor bei der Synthese von Muskeleiweiß, aber dieser Prozess läuft über viele Stunden und Tage hinweg ab. Daher sollte man sich angewöhnen, nach dem Training und für den Rest des Tages zu jeder Mahlzeit und bei jedem Snack etwa 20 Gramm Eiweiß zu sich zu nehmen. Das stellt eine angemessene Anpassung an das Training sicher.“ 

Dieser Punkt wird durch eine im Fachblatt „Nutrients“ veröffentlichte Studie von 2018 gestützt: Die Forschenden fanden heraus, dass eine zusätzliche Eiweißzufuhr nach einem Marathon die Erholung der Läufer in den ersten 24 Stunden zwar nicht beeinflusste, sich aber sehr wohl auf das Erschöpfungsgefühl und den Muskelkater im Verlauf der nächsten 72 Stunden auswirkte. Die Läufer erholten sich zudem schneller als Mitglieder einer Kontrollgruppe, die nach dem Wettkampf nur Kohlenhydrate zu sich nahmen. 

 

Deshalb sind Proteine so wichtig[Link auf Beitrag 140367] 

 

Rezept-Tipp: Bananen-Haferflocken-Shake mit vielen Kohlenhydraten und Proteinen 

Schnelle Energie: Diesen Bananen-Haferflocken-Shake empfiehlt Ernährungsberaterin Alexandra Cook unterstützt die Erholung nach dem Laufen. 

Zutaten 

  • ½ Liter Milch oder eine Milchalternative 
  • 1 Banane 
  • 15 Gramm Haferflocken 

Nährwertangaben 

  • 390 Kalorien 
  • 2,5 Gramm Fett 
  • 70 Gramm Kohlenhydrate 
  • 19 Gramm Eiweiß 

Welche Nahrungsmittel unterstützen die Regeneration noch? 

Natürlich geht es bei der Regeneration um mehr als nur die Aufnahme von Eiweiß und Kohlenhydraten. So kannst du die Regenerationsprozesse unterstützen, indem du im Anschluss an einen Lauf bestimmte Nahrungsmittel zu dir nimmst, die besonders viele der dazu erforderlichen Nährstoffe bieten. Avocados etwa sind reich an Kalium, das beim Schwitzen verloren geht, und Studien haben gezeigt, dass die in Avocados enthaltenen einfach ungesättigten Fettsäuren die Gesundheit von Herz und Kreislauf fördern. 

Fettreicher Fisch wie Lachs und Sardinen liefert große Mengen Omega-3-Fettsäuren, die Untersuchungen zufolge den Herzschlag verlangsamen können und die gefühlte Anstrengung beim Sport verringern. Forscher der Universität Aberdeen haben festgestellt, dass Sportler, die innerhalb von drei Stunden nach einem harten Training Fischöl zu sich nahmen, eine bessere Immunfunktion aufwiesen. 

Auch empfehlenswert sind Nahrungsmittel, die viel knochenstärkendes Kalzium enthalten, etwa Grünkohl und Brokkoli, Tofu, Nüsse, Milchprodukte sowie Mineralwasser mit hohem Kalziumgehalt oder mit Kalzium angereicherte Pflanzenmilch. 

Du als Läuferin oder Läufer solltest unbedingt bewusst auf den Elektrolytgehalt in deinem Mineralwasser schauen. Ein gutes Mineralwasser enthält einen hohen Anteil an Kalzium, Magnesium, Natrium, Chlorid und Kalium. Wichtige Elektrolyte, die du über deinen Schweiß während des Laufens verlierst, kannst du so schneller wieder aufnehmen. 

 

Was du über Mineralwasser wissen solltest 

 

Mentale Erholung 

Auch die psychische Erholung ist ein wichtiger Bestandteil der Regeneration, sie gehört zur Regenerationspyramide. Dazu können verschiedene Entspannungsübungen oder Meditation mit speziellen Atemtechniken gehören. Mentale Regeneration kann aber auch ganz einfach sein: „Mal eine andere Sportart ausprobieren, um den Kopf frei zu bekommen, Zeit mit Freunden oder der Familie verbringen, Musik hören, ins Kino oder in die Oper gehen – je nach Geschmack. Ein Buch lesen. Oder einfach mal nichts tun, auch das kann sehr erholsam sein“, sagt Wolfgang Friedrich. Profis arbeiten mit cleveren Techniken, wie z. B. Selbstgesprächsregulation oder Atementspannungsübungen, die sie mit Sportpsychologen oder -psychologinnen einüben. 

Regeneration im Sport: Ruhetage und Erholungswochen einplanen 

Während du unmittelbar nach dem Laufen nicht viel mehr für die Regeneration tun musst, als deine Energiespeicher wieder aufzufüllen und dich zu entspannen, werden die darauffolgenden Stunden häufig als Gelegenheit betrachtet, den Regenerationsprozess durch vermeintliche Wundermittel wie Eisbäder und Massagen zu beschleunigen. Laut Goom sollten sich Läuferinnen und Läufer aber besser auf die langfristige Planung und nicht auf kurzfristige Lösungen konzentrieren. „Das Wichtigste ist, dass man Regenerationsphasen einplant, also Ruhetage und etwa alle vier Wochen eine Erholungswoche – insbesondere wenn deine Trainingsbelastung zunimmt.“ 

Was bringt Auslaufen? 

Viele Läufer und Läuferinnen schwören auf ein ausgiebiges Cool-down nach dem Training, andere halten das für Zeitverschwendung. Wissenschaftlich ist dies nicht eindeutig belegt. Eine Sichtung jüngerer Forschungsergebnisse in der Fachzeitschrift „Sports Medicine“ brachte kaum Hinweise darauf, dass eine „Abkühlphase“ nach dem Training etwas brächte. Allerdings empfinden es viele Läuferinnen und Läufer als unangenehm, abrupt von 100 auf null abzubremsen, und das persönliche Körpergefühl ist als Orientierung entscheidend. Tue, ungeachtet der Studienlage, was dir behagt! Zu dieser Empfehlung der stark individualisierten Regeneration kommt auch die bereits erwähnte Langzeitstudie REGman. 

Ist Stretching (Dehnen) gut für die Regeneration? 

Ähnlich uneindeutig wie beim Cool-down ist auch die Studienlage zum Dehnen nach dem Laufen – ein auch unter Läufern und Läuferinnen konträr diskutiertes Thema. „Es gibt sehr wenig Belege dafür, dass regelmäßiges Dehnen sich positiv auf die Regeneration auswirkt“, so Goom. Die lange weithin akzeptierte These, Dehnen nach dem Laufen schütze vor Muskelkater und Verletzungen, beruhte auf der Vorstellung, Dehnen erhöhe den Blutfluss zu den geschädigten Muskeln, spüle die durch sportliche Belastung hervorgerufenen Stoffwechselendprodukte heraus und stelle den für Reparaturen benötigten Sauerstoff zur Verfügung. Das klingt plausibel, doch Studien zeigen, dass Dehnen weder Muskelkater noch Verletzungen verhindert. Eine im „British Journal of Sports Medicine“ veröffentlichte Studie zur therapeutischen Verletzungsprävention legt offen, dass alle untersuchten Maßnahmen zur Verletzungsvorbeugung einen positiven Effekt aufweisen – außer Dehnen. 

 

Alles über Dehnen und Mobilisation 

 

Weitere Methoden: Massage, Kompression, Eis, Wärme, Sauna und Faszienrolle 

Tom Goom weist darauf hin, dass es nur wenige Produkte gibt, die die Regeneration nachweislich fördern. „Es gibt Hinweise, dass über Nacht getragene Kompressionskleidung helfen könnte und dass die Nutzung von Schaumstoffrollen (Faszienrollen) die Regeneration der Muskeln unterstützt.“ Doch solange man einer ausreichenden Regenerationsdauer Vorrang gebe, seien keine zusätzlichen Maßnahmen nötig, wie der Experte betont. 

Viele Läuferinnen und Läufer machen Übungen auf Schaumstoffrollen als Regenerationshilfe. Ziel der Anwendung mit der Rolle ist es, durch sanften Druck auf unmittelbar zuvor aktive Muskeln die Blutzirkulation in den Muskeln zu unterstützen, sie wieder elastischer zu machen und somit ihre Regeneration zu fördern („myofasziales Lösen“). Die Faszien sind die Bindegewebsstrukturen, die die Muskeln umhüllen. Sie werden auch als Muskelhaut bezeichnet. 

 

So geht Faszientraining 

 

Erste Hilfe bei Muskelkater 

Wenn du bereits Muskelkater hast, solltest du auf keinen Fall dehnen oder die Schaumstoffrolle anwenden. „Hierbei handelt es sich um kleinste Muskelverletzungen bzw. Muskelrisse, die sich durch Massage eher verschlimmern können. Man sollte äußerst vorsichtig sein. Selbst Dehnen ist nicht geeignet. Besser ist aktive Ruhe: leichte, lockere Bewegung, z. B. spazieren gehen oder lockeres Schwimmen“, sagt Wolfgang Friedrich. Es bestehe zudem die Annahme, dass Vitamin C bei Muskelkater helfen könne, am besten in Form einer Kirschsaft-Apfelsaftmischung, so Friedrich. 

 

Wie Muskelkater entsteht und was hilft 

 

Kältetherapie zur Regeneration: Was bringt ein Eisbad? 

Die Kältetherapie (Kaltwasserimmersion) soll die Blutgefäße verengen, den Stoffwechsel verlangsamen und so Schwellungen und Gewebezerfall entgegenwirken. Eine im Fachblatt „PLoS One“ veröffentlichte Metaanalyse wissenschaftlicher Studien liefert allerdings keinerlei Hinweise darauf, dass Eisbäder in den ersten vier Tagen nach einer sportlichen Betätigung nennenswerte Effekte auf die Regeneration hätten. Einige Studien deuten sogar darauf hin, dass Eisbäder die Muskelanpassung nach dem Sport behindern. 

Die REGman-Langzeitstudie ergab in diesem Zusammenhang, dass Kaltwasserimmersion unmittelbar im Anschluss an eine intensive Trainingseinheit gegenüber einer passiven Regeneration (wie beispielsweise Massage oder Sauna) die Leistungsfähigkeit bis zum Folgetag erhöhen kann. Eine kaltes Ganzkörperbad war dabei wirksamer als eine Kältetherapie nur einzelner Körperteile. 

Kneippen: Regeneration wie in guten alten Zeiten 

Wieso testest du nicht mal ganz altbewährte Methoden aus, wie z. B. die kalten Güsse nach Kneipp (Knie- und Schenkelguss) mit einem kalten Wasserstrahl, den man ganz einfach mit dem Duschen verbinden kann. 

Wärme zur Muskelentspannung 

Auch das andere Ende der Temperaturskala ist seit jeher eine beliebte Regenerationsmethode. Wärme fördert die Muskelentspannung und kann positive Veränderungen auf Zellebene anstoßen, die eine effektivere Flüssigkeitszirkulation durch den Körper unterstützen. 

„Jeder ist anders“, sagt die Londonder Lauftrainerin Elkie Mace. „Man sollte auf seinen Körper hören und tun, was immer einem guttut. Ich persönlich gehe nach langen, harten Trainingsläufen oder Wettkämpfen auf Asphalt gelegentlich ins Eisbad. Meiner Erfahrung nach verringern die kalten Temperaturen Muskelschmerzen und Entzündungen, wodurch ich schneller wieder das Training aufnehmen kann. Aber wenn ich anderen Läufern Eisbäder empfehle, erkläre ich, dass es Belege dafür gibt, dass kaltes Wasser die Anpassung der Muskeln an die Trainingsanforderungen verlangsamen kann.“ 

Eindeutig: Guter Schlaf ist die beste Regeneration 

Eindeutig belegt ist jedoch: Guter Schlaf ist das beste Mittel zur Regeneration. Der wohl eindrücklichste Beleg sind die negativen Folgen von Schlafmangel. Eine im „Journal of Pediatric Orthopedics“ veröffentlichte Studie von 2014 ergab, dass Sportler, die weniger als acht Stunden schlafen, ein 1,7-mal größeres Verletzungsrisiko aufweisen als solche, die mehr als acht Stunden schlafen. Das überrascht nicht, schließlich ist der Körper im Schlaf auf Wachstum und Wiederherstellung ausgelegt: Beschädigte Zellen werden repariert und erneuert, Wunden verheilen, Krankheiten kurieren über Nacht aus. Während sich zu den bisher genannten Regenerationstipps Pro und Kontra die Waage halten und das persönliche Empfinden eine große Rolle für die jeweilige Wirksamkeit spielt, gibt es somit eine Regenerationsstrategie, über die unter Fachleuten Einigkeit herrscht: guter Schlaf. 

Was muss ich bei meiner Regeneration nach einem Marathon, Halbmarathon oder 10-km-Lauf beachten? 

„Vergleichbar mit der Ernährungsperiodisierung, in welcher die Ernährung an die individuelle Belastung angepasst wird, sollte auch die Regeneration an die individuelle Belastung angepasst werden. Die Anwendung der regenerativen Maßnahmen orientiert sich somit an der Sportart, der Belastungsintensität, dem Belastungsumfang und der Belastungshäufigkeit“, sagt Wolfgang Friedrich. 

Einen Marathon ambitioniert zu laufen, stelle eine nicht zu unterschätzende physische und psychische Belastung dar, sagt Friedrich. „Ich empfehle immer eine Entlastung dessen, was sehr stark belastet wurde. Bei einem Marathonlauf eindeutig die Beine. Ich würde einen Schwimmbadbesuch empfehlen, mit ganz lockerem Schwimmen, z. B. mithilfe eines Schwimmbretts, die Arme aufs Brett und einen lockeren Kraulbeinschlag. Die komplett andere Bewegungsart macht zudem den Kopf frei. Das ist aber sehr individuell und kommt auf den Läufer an, auch zwei bis drei Tage oder eine Woche nach einem Marathon überhaupt nichts machen, kann gute Regeneration sein.“ 

Generell gelte laut Friedrich die Regel: „Je länger die Belastung, desto länger die Regeneration.“ Ein Marathonläufer sollte also mehr Tage für die Erholung einplanen als ein Halbmarathonläufer und dieser wiederum länger als die 10-km-Läuferin. Als Faustformel für die Laufpause nach einem Wettkampf gilt: Anzahl der Ruhetage = halbe Wettkampfdistanz. Nach einem Marathon darfst du dir also gern drei Wochen Laufpause gönnen, nach einem Halbmarathon 10 Tage und nach einem Zehner kannst du schon am nächsten Wochenende wieder loslegen. Kurze und sehr langsame Joggingrunden kannst du aber auch vorher schon wieder drehen, wenn du dich danach fühlst – diese dienen der aktiven Regeneration. 

Aktive Erholung durch sanfte Bewegung 

Ein fast genauso wichtiges Hilfsmittel für die Regeneration wie Schlaf ist die alte, immer wieder aufs Neue bewährte Läuferweisheit, dass auf jeden harten Trainingstag ein vergleichsweise leichter folgen sollte. Das heißt aber nicht, dass du den Tag auf dem Sofa verbringen solltest – die Wissenschaft spricht sich für „aktive Erholung“ aus. Eine Studie des American Council of Exercise und der Western State Colorado University (USA) kam zu dem Schluss, dass aktive Erholung mit moderater Trainingsintensität der Leistungsfähigkeit von Ausdauersportlern am zuträglichsten ist. 

Auch das Fazit einer im „Journal of Sports Sciences“ veröffentlichten Studie lautet: „Eine aktive Regeneration nach anstrengender sportlicher Betätigung beseitigt im Blut angesammeltes Laktat schneller als eine passive Regeneration. Der Unterschied ist abhängig von der Intensität der regenerativen Belastung.“ 

Was aber bedeutet aktive Regeneration konkret? Gemeint sind sportliche Betätigungen, die dein Herz-Kreislauf-System nicht zu stark fordern und deinen Körper nur wenig belasten. „Eine von mir trainierte Läuferin fuhr am Tag nach dem Laufen gern Rollerblades“, sagt Mace. „Das bringt den Blutfluss in Schwung, wirkt auf das Herz-Kreislauf-System und fördert außerdem Gleichgewichtssinn und Koordination.“ 

 

Alternativtraining: Die besten Alternativen zum Laufen 

 

Falls du für einen Langstreckenwettkampf trainierst und fleißig Laufkilometer sammeln musst, kann dein Ruhetag aus leichtem Joggen bestehen. Das Beispiel der Rollerblade-fahrenden Läuferin zeigt allerdings sehr schön, dass alternative Sportarten nicht nur die Regeneration, sondern auch andere Fähigkeiten fördern. Und davon profitierst du wiederum beim Laufen. Laut Mace wirkt sich ein Wechsel der Sportart zudem positiv auf die geistige Frische und mentale Stärke aus: „Alternativtraining kann eine belebende Abwechslung zum harten, monotonen Lauftraining sein.“ Ein wichtiger Punkt vor allem für ambitionierte Läufer, denn mentale Erschöpfung kann die Leistungsfähigkeit ebenso hemmen wie körperliche. 

 

Ein Erklärvideo von RUNNER’S WORLD zu der richtigen Regeneration nach dem Laufen findest du HIER. 

  

Fazit: Hydrierung, Ernährung, Ruhetage und Schlaf sind die Schlüssel zu guter Regeneration 

Flüssigkeitsaufnahme, Ernährung, Ruhetage und Schlaf sind die Schlüssel zu guter Regeneration. Schlaf ist der wichtigste. Schlafmangel kann sich sehr negativ auf Leistungsfähigkeit, Psyche und Gesundheit auswirken. 

Alles in allem liefern die hier vorgestellten wissenschaftlichen Erkenntnisse zwar keine Universalformel oder Geheimtipp zur Förderung der Regeneration, zeigen aber deutlich, dass Läuferinnen und Läufer besser regenerieren, wenn sie auf: 

  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr, 
  • ausgewogene Ernährung, 
  • mentale Erholung 
  • ausreichend Schlaf und 
  • regelmäßige (aktive) Ruhetage 

achten. 

Stretching, Schaumstoffrolle, Massage, Sauna, Eisbäder, Kneippsche Güsse, Wärmeanwendungen und Co. sind Extras, die du ausprobieren kannst, um herauszufinden, ob und was davon dir etwas bringt. Wem welche Methode hilft, das ist sehr individuell. Vor allem jedoch solltest du dir bewusst machen, dass Erholung für deine läuferischen Fortschritte und für die langfristige Freude am Laufen genauso unverzichtbar ist wie das Training selbst. In diesem Sinne: Viel Spaß beim Entspannen! 

Textinhalt mit freundlicher Genehmigung von RUNNER´S WORLD Deutschland